Barrierefreiheit im Internet – eine Win-Win-Situation für alle

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Barrierefreiheit im Internet - eine Win-Win-Situation für alle
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Wie lässt sich Barrierefreiheit im Internet umsetzen und warum spielt Barrierefreiheit in digitalen Medien überhaupt eine Rolle?

Warum müssen Websites barrierefrei sein?

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Kommunikation immer mehr in den Bereich der digitalen Medien verlagert. Die Verbreitung von Informationen über das Internet ist exponentiell angestiegen, die Nutzung für Recherchen jeglicher Art hat sich vervielfacht. Alle Altersgruppen bedienen sich inzwischen moderner Medien, um sich Wissen ins Haus zu holen, Dienste und Produkte potentiellen Kund/innen anzubieten oder diese für sich selbst online zu bestellen. Das Internet erspart einem genauso das langwierige Nachschlagen im Lexikon wie auch das Herumtelefonieren, um bestimmte Auskünfte zu bekommen. Über es kann man problemlos Termine vereinbaren sowie weltweit Informationen im privaten wie auch im öffentlichen Bereich austauschen.

Doch wie fair ist es, wenn ein Teil der Bevölkerung von diesen Möglichkeiten ausgeschlossen bleibt?

Das Internet steht nur denjenigen uneingeschränkt zur Verfügung, die die Texte lesen, die Bilder sehen oder die Nachrichten hören können. Was ist aber mit den blinden und sehbehinderten Menschen, was ist mit den gehörlosen oder hörgeschädigten Menschen? Ihnen bleibt oft die Teilhabe an der Kommunikation über digitale Medien verschlossen. Dabei könnte es so leicht sein, auch ihnen den Zugang dazu zu eröffnen bzw. zu erleichtern, d. h. digitale Medien barrierefreier zu gestalten.

Für welche Menschen ist die Barrierefreiheit des Internets wichtig?

Ein Kollege hat mir neulich erzählt, dass seine Tochter einen Freund hat, der blind ist. Dieser ist natürlich auf Barrierefreiheit im Internet angewiesen, denn er kann weder die Texte lesen, noch die Bilder betrachten. Aber auch der jungen Frau, die mit einer schweren Einschränkung ihrer Hörfähigkeit auf die Welt kam, bleiben viele Beiträge, vor allem Video­beiträge verschlossen. Ganz zu schweigen von den Menschen, die durch Krankheit oder eine Unfall langsam oder plötzlich nicht mehr in der Lage sind, alles zu hören oder zu sehen. Dazu zählen natürlich auch viele Menschen, deren Wahrnehmungsvermögen sich mit zunehmendem Alter einschränkt.

Was versteht man unter Barrierefreiheit?

Unter Barrierefreiheit versteht man grundsätzlich die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse sämtlicher Menschen, sodass ihnen überall freier Zutritt gewährleistet ist. Dies kann sich sowohl auf ältere Menschen, die am Rollator gehen, als auch auf Eltern mit Kinderwagen beziehen, die ein Gebäude betreten möchten, zu dessen Eingangstür nur eine Treppe führt. Genauso möchten Schüler/innen in ihrer Schule problemlos zu ihren Unterrichtsräumen im oberen Stockwerk gelangen, obwohl sie an Krücken gehen. Die Kabinen von Toiletten sollten so breit sein, dass auch Menschen sie nutzen können, die im Rollstuhl sitzen. Barrierefreiheit bedeutet aber auch, dass den Menschen, die an der Ampel stehen und das Signal nicht erkennen können, durch ein akustisches Signal angezeigt wird, dass diese auf Grün umgesprungen ist und sie nun gefahrlos die Straße überqueren können. Mit Barrierefreiheit ist aber nicht nur ein räumlicher Zutritt zu Gebäuden, sondern auch ein uneingeschränkter sprachlicher oder technologischer Zugang zu Information und Teilhabe an Kommunikation gemeint, d. h. beispielsweise auch die Nutzung des Internets ohne Hindernisse. 

Für wie viele Menschen ist Barrierefreiheit im Internet wichtig?

Von einer fehlenden Barrierefreiheit sind vor allem diejenigen betroffen, deren Seh- oder Hörvermögen eingeschränkt ist, egal ob von Geburt an, durch Krankheit, Unfall oder altersbedingt.

Laut Auskunft des Statistischen Bundesamtes gab es am 31. Dezember 2021 in Deutschland: insgesamt 558.725 blinde, hochgradig sehbehinderte und sehbehinderte Menschen. In der Schwerbehindertenstatistik des Statistischen Bundesamtes wird bei mehreren vorhandenen Behinderungen jedoch nur die schwerste Behinderung ausgewiesen. Hochrechnungen der WHO (World Health Organization = Weltgesundheitsorganisation) zufolge, die sich an Zahlen anderer europäischer Länder (Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Italien und den Niederlanden) orientieren, waren es im Jahr 2002 in Deutschland ca. 1,2 Millionen Einwohner/innen. Die Tendenz dabei ist steigend. Jährlich erblinden in Deutschland etwa 10.000 Menschen. Dieser Anstieg lässt sich durch den Altersanstieg der Bevölkerung erklären. Die Hälfte der Neuerblindungen findet man nämlich bei den Über-80-Jährigen, da diese häufig an einer altersbedingten Makuladegeneration leiden.

Darüber hinaus spielt Barrierefreiheit im Internet vor allem für Gehörlose eine wichtige Rolle. Die Schwerbehindertenstatistik des Statistischen Bundesamtes gab ihre Zahl 2021 mit ca. 50.000 an. Aber auch hier wird bei Mehrfachbehinderungen nur jeweils die schwerste gezählt. Der Deutsche Schwerhörigenbund rechnet mit insgesamt 1.172.000 hochgradig Schwerhöriger und an Taubheit grenzender Schwerhöriger. 

Alles in allem muss man von über 2,3 Millionen Menschen in Deutschland ausgehen, die das Internet nur eingeschränkt oder nur mit großen Schwierigkeiten benutzen können. Wenn wir demnach unser Internet nicht so gestalten, dass wir Menschen mit einer Sinnesbeeinträchtigungen bei der Gestaltung unserer medialen Kommunikation nicht so berücksichtigen, dass ihnen eine möglichst problemfreie Teilhabe ermöglicht wird, handeln wir nicht nur äußerst rücksichtslos, sondern verstoßen auch gegen die UN-Behindertenrechtskonvention.

Was hat die UN-Behindertenrechtskonvention mit dem Internet zu tun?

Das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (Convention on the Rights of Persons with Disabilities – CRPD) wurde am 13. Dezember 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen und trat am 3. Mai 2008 in Kraft. Inzwischen ist die Konvention von 182 Staaten ratifiziert worden (Stand 23. Juli 2020). Ziel des Übereinkommens ist es, die uneingeschränkte Anwendung der Menschenrechte auch für Menschen mit Behinderungen zu garantieren. Als einer der ersten Staaten unterzeichnete Deutschland am 30. März 2007 das Übereinkommen, das 2009 schließlich in Kraft trat. Darin verpflichtet sich Deutschland – wie alle anderen Unterzeichnerstaaten – die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schützen und für diesen Schutz geeignete Maßnahmen zu treffen. Definiert wird diese Gruppe als „Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.“ Die erwähnten Maßnahmen beziehen sich auch auf die Gestaltung von Beiträgen im Internet.

Was bedeutet Barrierefreiheit im Internet?

Die Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention findet ihren Niederschlag im deutschen Bundesrecht als Kernstück des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG). Artikel 9 Absatz 1 der UN-Behindertenrechtskonvention fordert für Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen u. a. die Gewährleistung des Zugangs zu Information und Kommunikation, einschließlich zu Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen. 

Das in Artikel 21 der UN-Behindertenrechtskonvention verbriefte Recht behinderter Menschen, sich Informationen und Gedankengut frei zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben, wird nur dann umgesetzt, wenn „Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen sowie Kommunikationseinrichtungen barrierefrei sind, d. h. wenn sie für behinderte Menschen, in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind“. 

Einfacher gesagt, bietet das Internet z. B. Texte in einfacher Sprache, die Übersetzung in Gebärdensprache, das Vorlesen von Texten oder auch untertitelte Videos an.

Wann gelten Internetangebote als barrierefrei? 

Um gewährleisten zu können, dass öffentliche Internetauftritte und -angebote von Einrichtungen des Bundes grundsätzlich von allen Bürger/innen uneingeschränkt genutzt werden können, also barrierefrei sind, müssen sie bestimmte Standards erfüllen. Die Vorgaben, denen sie unterliegen, sind in der Kommunikationshilfenverordnung, der Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Bundesverwaltung und der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BITV), festgelegt. Die BITV orientiert sich dabei an den international anerkannten Zugangsrichtlinien für Webinhalte (Web Content Accessibility Guidelines). 

Vor allem blinden und sehbehinderten Menschen, aber auch Menschen mit Lernbehinderung oder motorischen Einschränkungen sollen diese Anforderungen an die Darstellung von Webinhalten zugutekommen. 

Wer muss bzw. sollte die Vorgaben zur Barrierefreiheit einhalten?

Ursprünglich wurden durch die BITV Standards aufgestellt, die die Kommunikation zwischen Einrichtungen des Bundes und den Bürger/innen erleichtern sollen. Die Barrierefreiheit bei einer Auswahl an Produkten, wie z. B. Computer, Mobiltelefone oder E-Books und bei Dienstleistungen, wie z. B. Selbstbedienungsterminals von Geld- oder Fahrausweisautomaten ist zwar im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verankert, aber das tritt erst 2025 in Kraft. 

Was spräche aber dagegen, schon jetzt für Barrierefreiheit im Internet zu sorgen? Wäre es nicht hilfreich, wenn behinderte Menschen auch Zugang zu Informationen von Anbietern privater Dienstleistungen hätten, wenn sie sich z. B. leichter über Produkte von Unternehmen und deren Konditionen informieren könnten? Es ist deshalb auch für private Unternehmen auf alle Fälle empfehlenswert, ihre Website so zu gestalten, dass sie auch für Menschen mit Einschränkungen zugänglich sind. 

Durch welche Maßnahmen werden Websites barrierefrei?

Oft erleichtern schon einfache Maßnahmen dem nicht Sehenden oder nicht Hörenden die Nutzung des Internets. Glücklicherweise sind dafür die technischen Möglichkeiten gegeben. Der User muss nur sein Endgerät entsprechend einstellen, dann kann er sich Texte vorlesen oder Bilder beschreiben lassen. Das geht aber nur, wenn die Websites auch entsprechend gestaltet sind. Dies gehört zu den Aufgaben derjenigen, die die Seiten und ihren Inhalt erstellen und bearbeiten. Sie halte die Fäden dafür in der Hand, ob auch Menschen mit einer Beeinträchtigung auf die Inhalte einer Website relativ mühelos zugreifen können. Sie können z. B. dafür sorgen, dass die Schrift groß genug und gut zu sehen ist oder dass der Farbkontrast ausreicht, die Schrift vom Hintergrund zu unterscheiden.  

Warum ist die Barrierefreiheit einer Website eine Win-Win-Situation?

Bislang haben wir immer nur davon gesprochen, dass Menschen mit einer Seh- oder Hörbeeinträchtigung von der Barrierefreiheit einer Website profitieren können. Aber auch alle diejenigen, die ihren Internetauftritt so gestalten, dass er für diese Bevölkerungsgruppe leichter zugänglich ist, haben selbst auch einen großen Vorteil davon. Die Produkte oder die Dienstleistungsangebote einer Firma können durch die hinterlegte Beschreibung eines Angebots, die man sich vorlesen lassen kann, gefunden werden. Eltern können sich durch die Verwendung einfacher Sprache auf der Homepage einer Schule über das Betreuungsangebot für ihr Kind informieren. Für Studierende werden bei digitalen Lehrveranstaltungen virtuelle Räume leichter zu finden und Lehr-/ Lernmaterialien zugänglich. Beide Seiten haben also einen Vorteil von der verbesserten Kommunikation –der, der die Botschaft aussendet und der, der sie empfangen kann. 

Wie mache ich meine Website barrierefrei?

Natürlich können Sie sich mit den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), dem Webstandard des W3C aus dem Jahr 2018 vertraut machen und Ihre Homepage nach deren Richtlinien hin überprüfen. Sie müssen dabei herausfinden, inwieweit Ihr Onlineauftritt die Vorgaben der vier Kategorien (Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit (stabiler Zugang mit Hilfsmitteln) mit den entsprechenden Unterpunkten erfüllt. Im nächsten Schritt müssen Sie selbst die notwendigen Änderungen vornehmen. 

Sollten Sie jedoch weniger Lust haben, sich mit all den Bestimmungen auseinanderzusetzen oder verfügen Sie nicht über das notwendige technische Know-how, empfiehlt sich die Unterstützung durch eine Medienagentur. Dort können Sie im ersten Schritt Ihre Homepage auf Barrierefreiheit überprüfen lassen. Wenn Sie möchten, nimmt diese Agentur auch die Umsetzung der Barrierefreiheit für Sie vor. Zusätzlich haben Sie die Wahl, Ihre Homepage auch weiterhin extern pflegen zu lassen oder sich beispielsweise durch eine Schulung darüber unterrichten zu lassen, was Sie in Zukunft bei der Erstellung und Bearbeitung Ihres Contents zu beachten haben.

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